Ben Struyf erwartet uns bereits am Eingang des großen Gewächshauses. „Willkommen in meinem kleinen Paradies“, sagt er mit einem breiten Lächeln. Dann dürfen wir in sein farbenfrohes Reich eintreten. Blumen und Pflanzen aus aller Welt füllen das Treibhaus auf Limpertsberg. Es riecht nach feuchter Erde. „Einen Moment noch“, sagt Ben, „ich muss nur noch die Bestellungen für heute überprüfen, damit ich einen Überblick bekomme, was heute alles ansteht.“
Ben ist Florist. Er kümmert sich um Blumen und Pflanzen, stellt fantasievolle Blumensträuße und Gestecke zusammen, schmückt Kirchen und verschönert Feste. „Ich liebe es, mit den Kunden die Farben und Blumensorten auszuwählen und danach meiner Fantasie freien Lauf zu lassen. Blumen helfen schließlich dabei, dass ein Fest zu einem unvergesslichen Ereignis wird”, schwärmt Ben über seine Arbeit. Mit ein paar Bestellzetteln verschwindet er im Gewächshaus. Am Pflanztisch topft er wenig später einige exotische Pflanzen ein. „Die müssen noch heute Morgen geliefert werden, deshalb muss ich mich etwas sputen“, erklärt er. „Gleich öffnet auch das Geschäft seine Türen. Bei dem schönen Wetter wird es nicht lange dauern, bis die ersten Kunden kommen.“
Das Wetter spielt eine große Rolle in Bens Alltag. „Wir arbeiten mit den Jahreszeiten und folgen dem Rhythmus der Natur“, erläutert Ben. „Natürlich gefallen mir blauer Himmel und Sonne besser als Regen oder Schnee, aber Jammern hilft nicht; man wählt sich das Wetter eben nicht aus.“ Auch bei trübem Wetter verliert Ben nicht die Lust auf seine Arbeit. Einen Bürojob auszuüben kann er sich nicht vorstellen: „In einem Büro ist es immer gleich, Sommer wie Winter … wie langweilig!“ Als Florist spürt er den Wechsel der Jahreszeiten und die Launen der Natur am eigenen Leib. „Deshalb gibt es auch keine Routine in meinem Job“, sagt Ben, „auch das mag ich, kein Tag ist wie jeder andere. Und ganz nebenbei wird auch noch das Immunsystem gestärkt.“
Ben übt seinen Beruf seit sechs Jahren aus. Geplant war das nicht. Nach seiner „Neuvième“ arbeitete er ein paar Jahre in verschiedenen Jobs. Richtig zufrieden wurde er nicht. Schon während seiner Schulzeit hatte er ein kurzes Praktikum in einem Blumenladen absolviert. Jahre danach erinnerte er sich daran. Die Arbeit hatte ihm damals gefallen. „Warum werde ich eigentlich nicht Florist?“, fragte er sich. Prompt schrieb er sich im Lycée Technique Agricole in Ettelbrück ein: „Section horticole“ mit der Spezialisation „Floristik“. „Diese Ausbildung öffnete mir ganz neue Welten. Ich lernte die ganze Vielfalt dieses schönen Berufs kennen“, erinnert sich Ben.
Tatsächlich ist Floristik weit mehr als „nur“ Blumensträuße binden. Kreativität ist gefragt! Die Materialien und die Vielfältigkeit, die Floristen zur Verfügung stehen, sind schier unendlich. Nicht nur Blumen, sondern zum Beispiel auch Äste, Tannenzäpfe, getrocknete Lotussamen und Bambus können verwendet werden. In seiner Ausbildung lernte Ben, wie man Farben so zusammenstellt, dass eine schöne Komposition entsteht. „Ich interessiere mich außerdem für die Symbolik der Blumen und Pflanzen. Das kann nützlich sein. Manchmal muss man die Kunden behutsam warnen“, lacht Ben. Wenn sich zum Beispiel ein Kunde einen gelben Rosenstrauß für seine Frau wünscht, weiß er vielleicht nicht, dass Gelb die Farbe der Eifersucht ist. Auch wer die Blumen kauft, ist nicht unwichtig. In Europa steht die rote Feuerlilie zum Beispiel für Liebe und Leidenschaft, in Japan für Hassund Rache. „Im Gespräch mit dem Kunden muss man aufmerksam sein und auf vieles achten“, erklärt Ben.
Feste mag Ben am liebsten. „Ich verschönere Hochzeiten für mein Leben gern“, verrät er. Vom ersten Tag der Hochzeitsplanung ist er mit an Bord und begleitet das Brautpaar fast bis vor den Altar. Planung und Umsetzung können manchmal bis zu sechs Monate dauern. Es gibt auch weniger erfreuliche Ereignisse, bei denen Bens Arbeit eine wichtige Rolle spielt, zum Beispiel Begräbnisse. „Einfühlsamkeit ist hier das Allerwichtigste“, erklärt er. „Die Menschen, denen wir in diesen Situationen begegnen, sind sehr traurig. Wir können ihnen helfen, indem wir achtsam und freundlich mit ihnen umgehen.“
Die Gärtnerei, in der Ben arbeitet, gibt es schon seit 1887. Viele Menschen sind gewissermaßen mit ihr groß geworden. Es ist schon vorgekommen, dass Blumengestecke für die Geburt einer Person, deren Hochzeit und schließlich deren Beerdigung hier am selben Ort angefertigt worden sind. „Das Leben ist wie die Natur: ein ewiger Kreislauf“, sagt Ben nachdenklich. „Wir sind nur ein kleiner Teil des großen Ganzen.“ Unser Besuch bei Ben neigt sich dem Ende zu. Wir wollen noch ein Foto machen. Dabei lassen wir Ben die Wahl des Motivs. Er entscheidet sich für das Sonnenblumenbeet. Irgendwie wundert uns das nicht, denn sie sind wie Bens Charakter: einfach nur sonnig!
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